EDA Spring School – wie EritreerInnen die Schweiz verändern


WINTERTHUR. 27. April – 04. Mai in einem Pfadiheim

Faul und Unintegrierbar?

Momentan leben EritreerInnen am Rande der Schweizer Gesellschaft. Medien und PolitikerInnen reden immer wieder von einer Parallelgesellschaft. Sie seien faul, unintegrierbar und arbeiten nicht – dieses Bild haben die meisten MedienkonsumentInnen der Schweiz von der eritreischen Diaspora. Doch nun tut sich etwas, was wohl viele erstaunt zur Kenntnis nehmen werden:

EritreerInnen aus über 10 Kantonen entwickeln innovative Projekte

In der Woche vom 27. April bis zum 04. Mai erarbeiteten 30 EritreerInnen in Projektteams Lösungsansätze zu gesellschaftlichen Herausforderungen. Für einmal sind nicht sie es, die auf Hilfe warten, sondern proaktiv nach draussen gehen und ihre Hilfe anbieten. Die Kursleitung der Eritrean Diaspora Academy Spring School (EDA Spring School) aus ehemaligen UMAs führte durch einen intensiven Prozess der Projektentwicklung.

©Thomas Knellwolf

Folgende Projekte entstanden:

  • Ungewollte Schwangerschaft – Empowermentkampagne für Unbegleitete Minderjährige Asylsuchende (UMA) Mädchen von ehem. UMA-Mädchen
  • Mütter- und Väterberatung für eritreische Eltern von eritreischen Eltern
  • Integrationsunterstützung und -beratung von eritreischen BrückenbauerInnen für Gemeinden, Schulen, Polizei und Integrationsangebote
  • Youtube-Kanal zur Verbreitung von Informationen über Integration und Meinungsaustausch / Newsplattform für die eritreische Diaspora in der Schweiz
  • Kunstatelier für junge eritreische Kunstschaffende von eritreischen Künstlerinnen zur Etablierung der eritreischen Kunstszene der Schweiz

Über die Hälfte der EDA StudentInnen sind Frauen, einige haben ihre Kinder dabei. Teils sind sie schon seit 40 Jahren in Europa, teils erst seit 4 Monaten. So viel Diversität, so viel Innovation hat die Schweiz von Seiten der eritreischen Diaspora selten gesehen. Am 26. Mai gibt es dazu einen Event im Toniareal Zürich zum Thema «Blackbox Eritrea(n Diaspora)? – wie die eritreische Diaspora die Schweiz verändert», wo die Projekte der Öffentlichkeit vorgestellt werden.

Partizipation und Teilhabe 2.0!

Es geht um die Vernetzung der ersten, zweiten und dritten Generation sowie die Zusammenarbeit mit SchweizerInnen und Schweizerischen Organisationen. Denn das spielt eine zentrale Rolle für die Partizipation und Teilhabe hier in der Schweiz. Der Kurs ist eine Mischung aus erprobten Methoden aus der Pfadi, euforia, Institut Neue Schweiz und anderen Organisationen und zielt darauf ab, dass sich die Teilnehmenden von der Opferrolle des «eritreischen Flüchtlings» emanzipieren, indem sie das Heft in die eigene Hand nehmen. Im doppelten Sinne: Die eigenen Herausforderungen selber anpacken und gleichzeitig auch neue Wege der Teilhabe und Partizipation als Gruppe oder Organisation erlernen und erforschen. Und so startet die Gruppe jeden Tag mit einem gemeinsamen Ruf: «Wir nehmen das Heft in die eigene Hand!»

©Thomas Knellwolf

Facts zur EDA Spring School

  • Die EDA Spring School war ein Intensiv-Studiengang der EDA zur Ausbildung von ProjektleiterInnen vom 27. April bis zum 05. Mai. Mit den innovativsten Ausbildungstechniken, -methoden und Haltungen der Jugend­organisationen wie die Pfadibewegung Schweiz, euforia, Eritreischer Medienbund Schweiz und Institut Neue Schweiz
  • 30 EritreerInnen und SchweizerInnen aus über 10 Kantonen mit unterschiedlichsten Aufenthaltsbewilligungen lebten für 8 Tage in einem Pfadiheim in Winterthur
  • Es waren Studierende im Alter von 17 bis 60 Jahren. Der Altersdurchschnitt lag bei 25 Jahren.
  • Die StudentInnen hatten unterschiedlichste Bildungshintergründe (vom kürzlich abgeschlossenen Masterstudium an einer CH-Uni über Berufslehren, Berufsmatura, Integrations-Brückenangebot bis hin zu nur 5 jährigem Schulbesuch in Eritrea war alles dabei)
  • Dozierende waren alle ehemalige Unbegleitete Minderjährige Asylsuchende (UMAs), welche welche während 9 Monaten nach dem Peer-to-Peer-Ansatz von jugendlichen HerkunftsschweizerInnen ausgebildet wurden
  • Menschen mit über 5 unterschiedlichen Religionen oder Glaubensrichtungen
  • Die Hälfte der StudentInnen waren Frauen (darunter eine Mutter mit Kind)
  • Die renommierte eritreische Talkshow von Weini Sulieman aus Stuttgart (mit im Durchschnitt jeweils 300’000 Klicks je Video) baute für einen Tag ihr Studio am Campus der EDA auf, um über dieses – in Europa einzigartige – Projekt zu berichten.
  • Über 22 ExpertInnen aus etablierten NGOs, Jugendbewegungen und Vereinen besuchten die EDA Spring School, um die Studierenden bei ihren Vorhaben zu inspirieren, zu vernetzen und zu unterstützen. Einer davon verkürzte dafür extra eine Geschäftsreise in Amerika.
  • TELE TOP berichtete über den Start der EDA Spring School: «30 EritreerInnen nehmen das Heft in die eigene Hand»